Bundesrat schlägt Änderungen im Börsengesellschaftsrecht vor
Abstract
Der Bundesrat schlägt verschiedene Änderungen des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes (FinfraG) vor, welche börsenkotierte Gesellschaften und ihre Investoren und Beauftragten betreffen. Dieses Homburger-Bulletin stellt die wichtigsten Vorschläge zu den Themen Insiderlisten, Ad hoc-Publizität, Management-Transaktionen, Offenlegungs- und Übernahmerecht vor.
Der Bundesrat hat vor kurzem die Vernehmlassung zu einer Teilrevision des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes (FinfraG) eröffnet. Die Gesetzesänderung steht im Kontext einer weitergehenden Reform des Finanzmarktrechts.
Viele der vorgeschlagenen Gesetzesänderungen werden börsenkotierte Gesellschaften und ihre Investoren und Beauftragten direkt betreffen. Dieses Bulletin stellt die wichtigsten Vorschläge zu den Themen Insiderlisten, Ad hoc-Publizität, Management-Transaktionen, Offenlegungs- und Übernahmerecht vor. Unter Vorbehalt von Änderungen und Genehmigungen im weiteren legislativen Prozess gehen wir davon aus, dass die neuen Regeln frühestens 2027 oder 2028 in Kraft treten werden.
Pflicht zur Führung von Insiderlisten
Die meisten börsenkotierten Unternehmen führen aufgrund der Safe-Harbor-Regeln der Finanzmarktinfrastrukturverordnung bereits jetzt Insiderlisten, d.h. Listen über Personen, die Zugang zu Insiderinformationen haben. Neu sollen Emittenten und ihre Beauftragten gesetzlich hierzu verpflichtet werden. Eine zentrale Neuerung ist zudem die Pflicht, die Insiderliste auf Ersuchen umgehend den Behörden zu übermitteln. Diesbezüglich gibt es aktuell oft Fragen zum Verfahren sowie zum Persönlichkeits-, Daten- und Arbeitnehmerschutz. Ferner wären Insiderlisten neu während 15 Jahren aufzubewahren.
Verletzungen der neuen Pflichten hätten ein Enforcement-Verfahren der FINMA zur Folge und würden mit Busse bis zu CHF 500’000 bei Vorsatz und bis zu CHF 100’000 bei Fahrlässigkeit bestraft.
Ad hoc-Publizität
Die Regeln zur Ad hoc-Publizität (Informationspflicht bei kursrelevanten Tatsachen) sollen nicht mehr wie bisher von den Börsen erlassen und durchgesetzt werden. Stattdessen sollen sie – inhaltlich weitgehend unverändert – ins FinfraG und dessen Ausführungsverordnungen überführt werden. Die Ausnahmen, insbesondere der Bekanntgabeaufschub, sollen in einer Verordnung geregelt werden.
Die Verletzung der Regeln zur Ad hoc-Publizität hätte neu ein Enforcement-Verfahren der FINMA zur Folge und würde mit Busse bis zu CHF 500’000 bei Vorsatz und bis zu CHF 100’000 bei Fahrlässigkeit bestraft. Heute kann SIX Exchange Regulation fehlbare Emittenten mit bis zu CHF 10 Mio. bei Vorsatz und bis zu CHF 1 Mio. bei Fahrlässigkeit büssen.
Management-Transaktionen
Auch die Offenlegung und Veröffentlichung von Management-Transaktionen soll neu im FinfraG und dessen Ausführungsverordnungen geregelt werden. Inhaltlich würden sich die Regeln weitgehend an den bisherigen Regeln der SIX Exchange Regulation orientieren. Neu sollen auch der Name und die Funktion des meldenden Verwaltungsrats- oder Geschäftsleitungsmitglieds veröffentlicht werden. Ferner soll der Bundesrat Handelssperrzeiten (black-out periods) für Management-Transaktionen festlegen dürfen.
Verletzungen dieser Regeln würden neu ebenfalls ein Enforcement-Verfahren der FINMA nach sich ziehen und würden mit Busse bis zu CHF 500’000 bei Vorsatz und bis zu CHF 100’000 bei Fahrlässigkeit bestraft.
Offenlegungsrecht
Neu sollen Beteiligungen an Publikumsgesellschaften erst ab 5% der Stimmrechte (heute: 3%) meldepflichtig sein. Dies wäre eine Erleichterung insbesondere für institutionelle Investoren und würde eine Angleichung an den tiefsten Meldeschwellenwert in vielen anderen Ländern (z.B. den USA und der Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten) mit sich bringen. Aus Sicht der kotierten Gesellschaften ergibt sich ein gemischtes Bild: Einerseits würde sich die Hürde für aktivistische Aktionäre erhöhen, um sich legitim bemerkbar zu machen, andererseits könnten die Gesellschaften von Aktivisten erst erfahren, wenn sie bereits signifikant investiert sind.
Die Strafbarkeit soll auf wesentliche Meldepflichtverletzungen beschränkt werden. Gewisse der heute zahlreichen Bagatellfälle wären dann nicht mehr strafbar.
Ausländische Investoren, die über mindestens 10% der Stimmrechte verfügen, sollen im Rahmen ihrer Offenlegungsmeldung neu ein Zustellungsdomizil in der Schweiz bezeichnen müssen.
Übernahmerecht
Analog zum Offenlegungsrecht soll auch die tägliche Transaktionsmeldepflicht während einer laufenden Übernahme nur für Aktionäre ab einem Schwellenwert von 5% der Stimmrechte gelten. Als Konsequenz der höheren Offenlegungsschwellen sollen qualifizierte Aktionäre ebenfalls erst ab einem Schwellenwert von 5% der Stimmrechte in einem Verfahren vor der Übernahmekommission Parteistellung beanspruchen und Einsprache erheben können.
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Homburger plant, weitere Bulletins zu anderen Aspekten der laufenden Reform des Finanzmarktrechts zu publizieren und hat den Homburger Hub – Regulatory Innovations eingerichtet, auf dem wir regelmässig Updates zu regulatorischen Entwicklungen veröffentlichen. Weitere Informationen zum Homburger Hub – Regulatory Innovations folgen in Kürze.
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