Umsetzung der Empfehlungen des Global Forum

Abstract

  • In Zukunft sind Inhaberaktien nur noch zulässig, wenn sie von börsenkotierten Gesellschaften ausgegeben werden oder als Bucheffekten ausgestaltet und bei einer Verwahrungsstelle in der Schweiz hinterlegt oder im Hauptregister eingetragen sind.
  • Für alle anderen Fälle wird die Inhaberaktie abgeschafft. Auf ein Grandfathering (Bestandesschutz) wurde, bei einer Übergangsfrist von 18 Monaten, verzichtet. Umfangreiche Übergangsbestimmungen regeln den Transformationsprozess bezüglich bestehender Inhaberaktien, welcher in gewissen Fällen bis zum Verlust der Aktionärsstellung führen kann.
  • Im Bereich der Meldepflichten für Aktionäre und Gesellschafter bezüglich der wirtschaftlich Berechtigten nahm der Gesetzgeber gewisse Präzisierungen vor.
  • Gleichzeitig wurde der Massnahmenapparat mit der Einführung zusätzlicher gesellschafts- und neu auch strafrechtlicher Sanktionen weiter verschärft.

Hintergrund

Nachdem das Parlament im Jahr 2015 die aktuell geltenden Meldepflichten für Aktionäre und Gesellschafter eingeführt und dabei die Umsetzung der Empfehlungen der Groupe d’action financière (GAFI bzw. FATF) und des Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes der OECD (Global Forum) im Blick hatte (vgl. Homburger Bulletin vom 29. Mai 2015), dient die hier behandelte Vorlage der Umsetzung weiterer Empfehlungen des Global Forum nach einer vom Global Forum durchgeführten Länderüberprüfung (sog. Peer Review).

Ziel des Bundesrates im Hinblick auf das hier behandelte Gesetzgebungsprojekt war es, die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen, damit die Schweiz in der nächsten Runde der Peer Reviews die Gesamtnote «weitgehend konform» halten kann. Die Gesetzesvorlage untersteht dem fakultativen Referendum.

Abschaffung der Inhaberaktie

Der neue Art. 622 Abs. 1bis revOR statuiert, dass Inhaberaktien nur zulässig sind:

  • wenn die Gesellschaft Beteiligungen an einer Börse kotiert hat (wobei es genügt, dass die Gesellschaft mindestens einen Teil ihrer Beteiligungspapiere an einer inländischen Börse – oder an einer ausländischen Börse mit gleichwertigem Transparenzniveau – kotiert hat); oder
  • wenn die Inhaberaktien als Bucheffekten im Sinne des Bucheffektengesetzes ausgestaltet und bei einer Verwahrungsstelle in der Schweiz hinterlegt oder im Hauptregister eingetragen sind.

Ausserhalb der genannten Ausnahmen werden Inhaberaktien neu nicht mehr zulässig sein. Dies gilt nicht nur für die Neuausgabe, sondern auch für bereits ausgegebene Inhaberaktien. Laut Botschaft haben in der Schweiz knapp 57’000 Aktiengesellschaften Inhaberaktien ausgegeben (davon sind rund 5’200 Gesellschaften in Liquidation). Da wohl nur ein kleiner Teil dieser Gesellschaften börsenkotiert ist oder die Inhaberaktien als Bucheffekten ausgestaltet hat, werden viele Tausend Gesellschaften von der Abschaffung der Inhaberaktien betroffen sein. Dazu hat der Gesetzgeber umfangreiche Übergangsbestimmungen vorgesehen, welche sogleich zu beleuchten sind.

Übergangsbestimmungen bezüglich Abschaffung der Inhaberaktien

Eintragung im Handelsregister

Zunächst regeln die Übergangsbestimmungen, dass Aktiengesellschaften mit Inhaberaktien, die Beteiligungspapiere an einer Börse kotiert haben oder deren Inhaberaktien als Bucheffekten ausgestaltet sind, innerhalb einer Frist von 18 Monaten ab dem Inkrafttreten von Art. 622 Abs. 1bis revOR die Eintragung dieser Tatsache im Handelsregister verlangen müssen. Insofern lösen die Übergangsbestimmungen auch für Gesellschaften eine Pflicht aus, welche sonst von den neuen Regelungen hinsichtlich Inhaberaktien nicht betroffen sind.

Umwandlung in Namenaktien

Als Kernbestandteil der Übergangsbestimmungen wird sodann geregelt, dass Inhaberaktien, welche weder von einer börsenkotierten Gesellschaft ausgegeben wurden, noch als Bucheffekten ausgestaltet sind, 18 Monate nach Inkrafttreten von Art. 622 Abs. 1bis revOR von Gesetzes wegen in Namenaktien umgewandelt werden. Die umgewandelten Aktien behalten ihren Nennwert, ihre Liberierungsquote und auch ihre Eigenschaften in Bezug auf das Stimmrecht und die vermögensrechtlichen Ansprüche. Weiter ist ihre Übertragbarkeit nicht beschränkt (vgl. Art. 4 Abs. 3 der Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 21. Juni 2019 [ÜBest]).

Anpassung der Statuten

Die von der Umwandlung betroffenen Gesellschaften müssen bei der nächsten Statutenänderung ihre Statuten an die Umwandlung anpassen. Um dieser Pflicht Nachdruck zu verleihen, haben die Handelsregisterämter jede sonstige Anmeldung zur Eintragung einer Statutenänderung abzuweisen, solange diese Anpassung nicht vorgenommen worden ist (vgl. Art. 5 Abs. 2 ÜBest).

Meldepflicht gegenüber der Gesellschaft

Nach der Umwandlung der Inhaberaktien in Namenaktien trägt die Gesellschaft die Aktionäre, die ihre im bisherigen Recht vorgesehene Meldepflicht (Art. 697i OR) erfüllt haben, in das Aktienbuch ein. Für Aktionäre, die ihrer Meldepflicht nicht nachgekommen sind und deren Inhaberaktien in Namenaktien umgewandelt worden sind, wird der Weg beschwerlich. Sie müssen innert fünf Jahren nach Inkrafttreten von Art. 622 Abs. 1bis revOR – mit vor-gängiger Zustimmung der Gesellschaft – ihre Eintragung in das Aktienbuch beim Gericht beantragen.

Nichtigkeit der Aktien

Beantragt der Aktionär nicht innert fünf Jahren nach Inkrafttreten von Art. 622 Abs. 1bis revOR beim Gericht seine Eintragung in das Aktienbuch der Gesellschaft, so werden dessen Aktien von Gesetzes wegen nichtig und er verliert alle mit den Aktien verbundenen Rechte. Die nichtigen Aktien werden durch eigene (von der Gesellschaft gehaltene) Aktien ersetzt.

Entschädigungsmöglichkeit

Aktionäre, deren Aktien «ohne eigenes Verschulden» nichtig geworden sind (vgl. Art. 8 Abs. 2 ÜBest), können unter Nachweis ihrer Aktionärseigenschaft zum Zeitpunkt des Nichtigwerdens der Aktien innerhalb von zehn Jahren nach diesem Zeitpunkt gegenüber der Gesellschaft einen Anspruch auf Entschädigung geltend machen. Eine solche Entschädigung ist allerdings ausgeschlossen, wenn die Gesellschaft nicht über das frei verwendbare Eigenkapital verfügt.

Änderungen im Bereich Meldepflichten bezüglich der wirtschaftlich Berechtigten

Definition der wirtschaftlich berechtigten Person bei mehrstufigen Beteiligungsstrukturen

Neu hält Art. 697j Abs. 2 revOR fest, dass bei einer juristischen Person oder Personengesellschaft als Aktionär jede natürliche Person als wirtschaftlich berechtigte Person gemeldet werden muss, die den Aktionär in sinngemässer Anwendung von Art. 963 Abs. 2 OR kontrolliert. Dies ist dann der Fall, wenn die natürliche Person:

  • direkt oder indirekt über die Mehrheit der Stimmen im obersten Organ verfügt;
  • direkt oder indirekt über das Recht verfügt, die Mehrheit der Mitglieder des obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgans zu bestellen oder abzuberufen; oder
  • aufgrund der Statuten, der Stiftungsurkunde, eines Vertrags oder vergleichbarer Instrumente einen beherrschenden Einfluss ausüben kann.

Gibt es keine solche Person, muss der Aktionär diesen Umstand der Gesellschaft melden.

Ausnahme im Zusammenhang mit börsenkotierten Gesellschaften

Nach dem neuen Art. 697j Abs. 3 revOR muss ein Aktionär, der eine börsenkotierte Kapitalgesellschaft ist, von einer solchen Gesellschaft im Sinne von Art. 963 Abs. 2 OR kontrolliert wird oder in diesem Sinne eine solche Gesellschaft kontrolliert, nur diesen Umstand sowie die Firma und den Sitz der Kapitalgesellschaft melden.

Meldefrist für Änderungen

Schon bisher sah das Gesetz vor, dass der Aktionär der Gesellschaft jede Änderung des Vor- oder des Nachnamens oder der Adresse der wirtschaftlich berechtigten Person melden muss. Allerdings war dafür keine Frist vorgesehen. Neu sind Änderungen innert drei Monaten der Gesellschaft zu melden (vgl. Art. 697j Abs. 4 revOR).

Organisationsmangel

Das neue Recht sieht zwei zusätzliche Tatbestände vor (vgl. Art. 731b revOR), welche als Organisationsmängel der Gesellschaft qualifizieren und das angerufene Gericht bewegen können eine Frist zur Herstellung des rechtmässigen Zustands oder gar die Auflösung und Liquidation der Gesellschaft anzuordnen. So kann ein Organisationsmangel in Zukunft vorliegen, wenn die Gesellschaft das Aktienbuch oder das Verzeichnis der wirtschaftlich berechtigten Personen nicht vorschriftsgemäss führt oder wenn die Gesellschaft Inhaberaktien ausgegeben hat, ohne dass sie Beteiligungspapiere an einer Börse kotiert hat oder die Inhaberaktien als Bucheffekten ausgestaltet sind.

Strafrechtliche Sanktionen

Der Gesetzgeber hielt es für notwendig, zusätzlich zu den bestehenden gesellschaftsrechtlichen Sanktionen nunmehr auch strafrechtliche Sanktionen einzuführen. Neu wird mit Busse bestraft, wer vorsätzlich den Meldepflichten gemäss Art. 697j Abs. 1-4 revOR nicht nachkommt (vgl. Art. 327 re-vStGB). Spiegelbildlich wird auf Seiten der Gesellschaft mit Busse bestraft, wer vorsätzlich eines der je nach Gesellschaftsform notwendigen Verzeichnisse nicht vorschriftsgemäss führt oder die damit verbundenen gesellschaftsrechtlichen Pflichten verletzt (vgl. Art. 327a revStGB).

Handlungsbedarf für Gesellschaften

Gesellschaften mit Inhaberaktien

Gesellschaften mit Inhaberaktien sollten prüfen, ob sie diese nach neuem Recht beibehalten dürfen. Ist dies der Fall (weil die Gesellschaft börsenkotiert ist oder die Inhaberaktien als Bucheffekten ausgestaltet sind), so muss diese Tatsache innerhalb einer Frist von 18 Monaten ab dem Inkrafttreten von Art. 622 Abs. 1bis revOR im Handelsregister eingetragen werden. Ansonsten können die betroffenen Gesellschaften entweder die Umwandlung in Namenaktien von Gesetzes wegen abwarten, die Umwandlung selbst einleiten oder eine Ausgestaltung als Bucheffekten in Betracht ziehen. So oder anders sind die Statuten nach Umwandlung entsprechend anzupassen.

 Prüfung der notwendigen Meldung

Gesellschaften, die Beteiligungen an anderen Gesellschaften halten, sollten prüfen, ob sie ihre Meldepflichten (bei Inhaberaktien: Meldepflicht ohne Schwellenwert, sonst bei mind. 25 %: Meldepflicht bzgl. der wirtschaftlich Berechtigten) erfüllt haben und ob die Meldungen im Einklang mit den neuen Regelungen stehen oder anzupassen bzw. zu ergänzen sind.

Führen von Büchern und Verzeichnissen

Im Weiteren ist es angesichts der drohenden gesellschaftsrechtlichen (Organisationsmangel) und strafrechtlichen Sanktionen angezeigt, das Führen der notwendigen Bücher, Verzeichnisse und Register im Einklang mit den neuen Regelungen zu überprüfen und gegebenenfalls korrigierende Massnahmen anzuordnen.

Falls Sie Fragen zu diesem Bulletin haben, wenden Sie sich bitte an Ihren Homburger Kontakt oder an: