SPACs in der Schweiz: Eine neue Anlage- und Exit-Möglichkeit
Abstract
Ab dem 6. Dezember 2021 können Special Purpose Acquisition Companies (SPACs) an der SIX Swiss Exchange (SIX) kotiert werden. Dieses Bulletin erklärt, was es im Zusammenhang mit der Kotierung eines Schweizer SPACs und mit der späteren Übernahme eines Unternehmens (De-SPAC) zu beachten gilt.
Was sind SPACs?
SPACs (teilweise auch «Blankoscheck-Gesellschaften» genannt) sind Gesellschaften ohne operative Tätigkeit, deren einziger Zweck es ist, im Rahmen eines Börsengangs (IPO) Geld aufzunehmen, um innert eines bestimmten Zeitraums ein oder mehrere Zielunternehmen zu erwerben (sog. De-SPAC). Für die Aktionäre eines Zielunternehmens ist ein De-SPAC eine Exit-Option mit grösserer Transaktions- und Preissicherheit als bei einem IPO.
SPACs werden typischerweise von einem oder mehreren Investoren (einschliesslich Private-Equity-Firmen) ins Leben gerufen, die als sog. Sponsoren auftreten und sich nach dem IPO der SPAC auf die Suche nach einem geeigneten Zielunternehmen machen. Die Sponsoren tragen das Risiko, dass die SPAC scheitert, und können dafür eine Beteiligung an der (mit dem Zielunternehmen kombinierten) SPAC zu Vorzugskonditionen erwerben. Die SPAC-Investoren können über einen De-SPAC abstimmen und haben ein Rückgaberecht betreffend die Wertschriften der SPAC.
Welche Vorgaben müssen Schweizer SPACs beachten?
Die SIX hat einen auf die Eigenheiten von SPACs zugeschnittenen regulatorischen Standard für SPACs geschaffen, unter welchem Aktien und Wandelanleihen von Schweizer SPACs kotiert werden können.
Anforderungen an eine SPAC: Für eine Kotierung nach dem neuen regulatorischen Standard muss eine SPAC die folgenden Voraussetzungen erfüllen:
- die SPAC ist eine Aktiengesellschaft nach schweizerischem Recht, deren ausschliesslicher Zweck der direkte oder indirekte Erwerb eines Zielunternehmens ist und die maximal drei Jahre nach dem ersten Handelstag aufgelöst wird, wenn bis dahin kein De-SPAC erfolgte;
- die IPO-Erlöse werden auf einem zweckgebundenen Treuhandkonto hinterlegt;
- die SPAC-Investoren können über einen De-SPAC abstimmen;
- zumindest diejenigen SPAC-Investoren, die den De-SPAC ablehnen, können ihre Aktien oder Wandelanleihen zurückgeben;
- die Gründer, Sponsoren und Mitglieder des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung der SPAC verpflichten sich, ihre Wertschriften bis mindestens sechs Monate nach Vollzug eines De-SPAC nicht zu verkaufen (Lock-up); und
- bei einer Liquidation der SPAC haben die SPAC-Investoren gegenüber den Sponsoren einen Vorrang.
Informationspflichten beim SPAC-IPO: Beim IPO müssen SPACs neben dem üblichen Inhalt eines IPO-Prospekts zusätzliche Informationen offenlegen, darunter Angaben über die Verwässerung beim De-SPAC, eine Darstellung potenzieller Interessenkonflikte der Gründer, Sponsoren und Organe der SPAC sowie der beteiligten Banken sowie Informationen zum De-SPAC, einschliesslich Angaben zum Zielmarkt, in dem potenzielle Zielunternehmen gesucht werden.
Informationspflichten beim De-SPAC: Im Hinblick auf die Abstimmung der Investoren über einen De-SPAC müssen SPACs Informationen über den beabsichtigten De-SPAC und das Zielunternehmen veröffentlichen, und zwar entweder im Prospekt (falls ein solcher z.B. wegen einer Kapitalerhöhung erstellt werden muss) oder in einem separaten Informationsdokument. Darin ist auch eine unabhängige Fairness Opinion über die Bewertung des Zielunternehmens aufzunehmen. Ferner müssen SPACs in den zwei Geschäftsjahren nach dem De-SPAC Quartalsabschlüsse veröffentlichen, wenn das Zielunternehmen keine Finanzabschlüsse über drei Geschäftsjahre nach einem anerkannten Rechnungslegungsstandard hat.
Gibt es Besonderheiten bei der Kotierung von SPAC-Wandelanleihen?
Als internationale Besonderheit können Schweizer SPACs nicht nur Aktien, sondern auch Wandelanleihen kotieren. Damit lässt sich das Rückgaberecht der Investoren einfacher umsetzen; ausserdem sind Steuervorteile denkbar. Die Vorschriften über SPACs gelten – mit gewissen technischen Änderungen – auch für kotierte Wandelanleihen einer SPAC.
Sind für SPACs auch noch andere Rechtsgrundlagen bedeutsam?
Als schweizerische Aktiengesellschaften profitieren SPACs von der Flexibilität des schweizerischen Aktienrechts, das 2023 modernisiert werden wird. Die Corporate Governance und die Beschlussmehrheiten in der SPAC (z.B. für einen De-SPAC) lassen sich prinzipiell frei wählen, und die Investoren profitieren von den hohen Standards des schweizerischen Kapitalmarktrechts. Schliesslich ist die schweizerische Kapitalmarktpraxis vertraut mit PIPE-Transaktionen, die im Ausland oft zwecks Validierung der Bewertung des Zielunternehmens im Rahmen eines De-SPAC durchgeführt werden.
Demgegenüber sind Schweizer SPACs weder den Vorschriften des Kollektivanlagengesetzes (KAG) noch der schweizerischen Geldwäschereigesetzgebung unterworfen.
Börsenplatz Schweiz wird attraktiver
SPACs sind eine zusätzliche Anlage- bzw. Kapitalbeschaffungs- und Exit-Möglichkeit. Dank ihrer Zulassung ab 6. Dezember 2021 werden Schweizer Investoren und Unternehmen vermehrt von den Vorzügen von SPACs profitieren können. Dies stärkt die Attraktivität des Börsenplatzes Schweiz.
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