Angepasstes Gewährleistungsrecht bei Baumängeln

Abstract

In rund einem halben Jahr, am 1. Januar 2026, tritt in der Schweiz eine Teilrevision des Obligationenrechts in Kraft, die eine Anpassung des kauf- und werkvertraglichen Gewährleistungsrechts mit sich bringt.

Die Änderungen sehen bei bestimmten Kauf- und Werkverträgen verlängerte (und teilzwingende) Rügefristen, teilzwingende Verjährungsfristen, zwingende Nachbesserungsrechte zugunsten von Bestellern und Immobilienkäufern sowie Klarstellungen betreffend Ersatzvornahme und Bauhandwerkerpfandrechte vor.

Die neuen Regeln gelten für Verträge, die ab 1. Januar 2026 abgeschlossen werden.

Einleitung

Mit der Teilrevision des Schweizerischen Obligationenrechts (OR), welche am 1. Januar 2026 in Kraft treten und das kauf- und werkvertragliche Gewährleistungsrecht ändern wird, beabsichtigt der Gesetzgeber die Verbesserung der rechtlichen Stellung von Bauherren und Immobilienkäufern im Falle von Baumängeln.

Auf die neuen Regeln sind die allgemeinen Übergangsbestimmungen anwendbar. Das neue Recht wird für Veträge gelten, die ab dem 1. Januar 2026 geschlossen werden. Auf Verträge, die vor dem 1. Januar 2026 abgeschlossen werden, gelangen die bestehenden Bestimmungen zur Anwendung.

Neue Rügefrist von 60 Tagen bei Grundstückkauf- und bestimmten Kauf- und Werkverträgen

Während unter der geltenden gesetzlichen Regelung Mängel in jedem Fall «sofort» nach Ablieferung/Prüfung der Sache oder des Werkes bzw. nach deren Entdeckung gerügt werden müssen, damit die entsprechenden Gewährleistungsrechte gewahrt bleiben, wird das Gesetz neu eine 60-tägige Rügefrist vorsehen, und zwar in folgenden Fällen:

  • (i) Grundstückkaufvertrag: sowohl bei offenen als auch bei verdeckten Mängeln;
  • (ii) Kaufvertrag: soweit (offene oder verdeckte) Mängel einer Sache, die bestimmungsgemäss in ein unbewegliches Werk integriert worden ist, die Mangelhaftigkeit des unbeweglichen Werks verursacht haben;
  • (iii) Werkvertrag: bei Werkverträgen über ein unbewegliches Werk (für offene und verdeckte Mängel) sowie für folgende (offene und verdeckte) Mängel eines Werks, die die Mangelhaftigkeit eines unbeweglichen Werks verursacht haben:
    • Mängel eines beweglichen Werks, das bestimmungsgemäss in das unbewegliche Werk integriert worden ist;
    • Mängel eines Werks, das von einem Architekten oder Ingenieur erstellt und bestimmungsgemäss als Grundlage für die Erstellung des unbeweglichen Werks verwendet worden ist.

In sämtlichen genannten Fällen hat der Gesetzgeber die 60-tägige Rügefrist als teilzwingendes Recht ausgestaltet. Die vertragliche Vereinbarung kürzerer Fristen ist demnach unwirksam.

Bei sonstigen Kaufgegenständen – das heisst bei Sachen, welche nicht bestimmungsgemäss in ein unbewegliches Werk integriert werden – wie auch bei Werkverträgen, welche die obenstehenden Kriterien nicht erfüllen, bleiben die bisherigen Regeln in Kraft und allfällige Mängel müssen demnach weiterhin sofort nach Ablieferung/Prüfung der Sache (bei offenen Mängeln) bzw. sofort nach Entdeckung (bei verdeckten Mängeln) gerügt werden.

Unverzichtbares Recht auf Nachbesserung

Neu werden Käufer eines Grundstücks mit einer Baute, die noch zu errichten ist oder weniger als zwei Jahre vor dem Verkauf neu errichtet wurde, ein Nachbesserungsrecht haben. Sie können die Nachbesserung anstelle weiterer Gewährleistungsrechte (wie Preisminderung oder allenfalls Vertragsrücktritt) wählen und zusätzlich zu einem allfälligen Schadenersatzanspruch geltend machen.

Vorausgesetzt ist, dass die angestrebte Verbesserung überhaupt möglich ist und die Nachbesserung dem Verkäufer nicht übermässige Kosten verursacht. Das Nachbesserungsrecht bezieht sich nur auf die Baute, nicht jedoch auf das Grundstück als solches. Das Nachbesserungsrecht des Käufers kann nicht im Voraus vertraglich eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

Diese neue Regelung verhindert in Zukunft die in der Praxis häufig anzutreffende Wegbedingung sämtlicher Gewährleistungsansprüche durch den Verkäufer – jedenfalls dann, wenn das betreffende Gebäude innerhalb von zwei Jahren vor dem Verkauf errichtet wurde oder erst noch auf dem verkauften Grundstück errichtet werden soll.

Bei Bauwerkverträgen gilt dieselbe Regelung: Neu kann das Nachbesserungsrecht des Bestellers auch bei Werkverträgen betreffend eine Baute im Voraus nicht mehr vertraglich eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

Mindestfrist von fünf Jahren für die Verjährung der Ansprüche aus Mängelhaftung

Nach geltendem Recht verjähren Ansprüche des Käufers wegen Mängeln des Grundstücks mit Ablauf von fünf Jahren nach dem Eigentumserwerb. Neu wird diese Verjährungsfrist teilzwingend ausgestaltet sein und kann zu Lasten des Käufers nicht abgeändert werden.

Dasselbe gilt für die fünfjährige Verjährungsfrist des Werkvertragsrechts für Gewährleistungsansprüche des Bestellers wegen Mängeln:

  • (i) eines beweglichen Werkes, das bestimmungsgemäss in ein unbewegliches Werk integriert worden ist, und welche die Mangelhaftigkeit des unbeweglichen Werkes verursacht haben; und
  • (ii) eines unbeweglichen Werkes gegen den Unternehmer sowie gegen den Architekten oder den Ingenieur, die zum Zwecke der Erstellung Dienste geleistet haben.

Ersatzvornahme bei Nachbesserung ohne vorgängige richterliche Ermächtigung

Die neue gesetzliche Regelung sieht im Zusammenhang mit der Nachbesserung durch den Unternehmer vor, dass der Besteller berechtigt ist, den Mangel (in der Regel nach Ansetzung einer angemessenen Nachfrist) durch Ersatzvornahme auf Kosten des säumigen Unternehmers zu beseitigen oder beseitigen zu lassen, ohne dass es hierfür einer richterlichen Ermächtigung oder eines Leistungsurteils bedarf. Diese Änderung übernimmt eine bereits bestehende Praxis des Bundesgerichts.

Sicherstellung für Verzugszinsen beim Bauhandwerkerpfandrecht auf 10 Jahre beschränkt

Zusammen mit der OR-Teilrevision wurde auch eine Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) beschlossen, welche ebenfalls am 1. Januar 2026 in Kraft treten wird.

Während nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung bis anhin zur Verhinderung der definitiven Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts die Pfandsumme inklusive Verzugszinsen ohne zeitliche Begrenzung sichergestellt werden musste, genügt nach der neuen gesetzlichen Regelung die Sicherstellung der Pfandsumme inklusive Verzugszinsen für zehn Jahre.

Fazit

Die OR-Teilrevision wird zu spürbaren Veränderungen im kauf- und werkvertraglichen Gewährleistungsrecht führen und die rechtliche Stellung von Bauherren und Immobilienkäufern bei Baumängeln insgesamt verbessern.

Redaktionelle und konzeptionelle Schwächen dürften den Anwendungsbereich gewisser Neuregelungen allerdings einschränken.

Die neuen Regelungen werden auch einen Einfluss auf die in der Praxis bei Werkverträgen häufig vereinbarte (private) SIA-Norm 118 haben. Diese sieht vor, dass Mängel innerhalb einer Frist von zwei Jahren ab Bauabnahme «jederzeit» gerügt werden können und nach Ablauf dieser Frist «sofort» gerügt werden müssen. Letzterer Teil der Regelung in der SIA-Norm 118 wird ab dem 1. Januar 2026 nicht mehr gesetzeskonform sein.

Es ist zu empfehlen, sich mit den neuen rechtlichen Rahmenbedingungen frühzeitig auseinanderzusetzen sowie interne Prozesse und Standarddokumente darauf abzustimmen. Je nach Konstellation (z.B. zur Koordination mit parallelen oder nachgeordneten Vertragsbeziehungen) kann es sich aufdrängen, bereits vor dem 1. Januar 2026 die Anwendung der neuen Regeln zu vereinbaren.

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